Neuseeland gilt als eines der Länder, die am besten mit dem Coronavirus umgeht. Statt einer Eindämmung spricht die Regierung von der Ausrottung des Viruses im Land. Kommunikativ hat das Land etwas, das auch Österreich nutzen würde.
Wer in Österreich Informationen zum Coronavirus und den Maßnahmen dagegen sucht, muss das auf mehrere Arten tun: Die Zahl der Erkrankten, Genesenen und Todesfälle gibt es auf dem Dashboard info.gesundheitsministerium.gv.at und auf data.gv.at/covid-19. Zusätzliche Informationen finden UserInnen auf der Seite des Gesundheitsministeriums. Aber nur zu Gesundheitsfragen. UnternehmerInnen müssen auf die Seite des Wirtschaftsministeriums oder die der Wirtschaftskammer gehen, ArbeitnehmerInnen auf die des Bundesministeriums für Arbeit, Familie und Jugend oder die Arbeiterkammer. Auch das Innenministerium hat Informationen zum Coronavirus. Mehr oder weniger, denn auf der Unterseite steht nur, dass man auf den Seiten des Gesundheits-, Außen, und Bildungsministeriums nachschauen soll. Ähnliches auf der Seite des Bundeskanzleramtes. Obwohl Bundeskanzler Kurz sich in Pressekonferenzen oft an die BürgerInnen wendet, finden diese BürgerInnen auf der Webseite seines Kanzleramtes wenig konkrete Information zum Thema. Es gibt den Hinweis auf eine Hotline und Links zu anderen Ministerien.
Sie sehen, es ist kompliziert.
Oesterreich.gv.at: Das Info-Portal der Regierung
Dann gibt es da noch oesterreich.gv.at. Auf diese Webseite verweisen alle Inserate und Werbespots der “Schau auf dich”-Kampagne der Bundesregierung und des Österreichischen Roten Kreuzes. Sie dient als Übersichts- und Informationsseite. Seit den ersten Tagen der Maßnahmen gibt es dort Hygienevorschriften und Anleitungen für das Verhalten in Ernstfällen. Mit der Zeit wurde die Seite um Hinweise zu Nasen-Mund-Schutz, Beratungshotlines und anderen Corona-Maßnahmen der Regierung erweitert. Aktuelle Informationen werden nach Themengruppen (Risikogruppen, Veranstaltungen, Handel und Dienstleistungen, etc.) geordnet und stichpunktartig erklärt.
Der FAQ-Bereich ist wiederum ein eigenes Kapitel: Er besteht aus fünf Fragen. Wer mehr wissen will, wird auf die FAQ-Seite des Gesundheitsministeriums verwiesen. Dort gibt es auf den ersten Blick FAQs zu allen Themengebieten, wie Wirtschaft, Arbeitsrecht, Reisen oder Sport. Auf den zweiten Blick zeigt sich, dass die Fragen und Antworten im Arbeitsrechtsbereich nicht die gleichen sind, die das Ministerium für Arbeit auf seiner Webseite hat. Zum Thema Kurzarbeit heißt es beim Gesundheitsministerium nur: „Die ‚Corona Kurzarbeit‘ ist ein neue, erleichterte Form der Kurzarbeit.“ Dann ein Link zum Arbeitsministerium. Die UserInnen werden zwischen den einzelnen Ministeriumsseiten hin und her geschickt. Das verwirrt und frustriert.
Neuseeland: Vorbildliches Info-Portal
Anders macht es die Regierung in Neuseeland. Sie hat im Gegensatz zu Österreich keine Webseite umfunktioniert, sondern eine eigene Seite aufgesetzt, die sich vom Aufbau gar nicht so sehr von oesterreich.gv.at unterscheidet. Dafür wird die Seite in 20 verschiedenen Sprachen angeboten. Covid19.govt.nz dient als zentrales Tool. Es informiert ausführlich über viele Bereiche. Wer Infos braucht, wird sie höchstwahrscheinlich dort finden und dann zur richtigen Unterseite des richtigen Ministeriums weitergeleitet werden. Covid19.govt.nz wird dadurch zur zentralen Anlaufstelle.

Wer sich in Österreich zur Kurzarbeit informieren möchte, findet auf oesterreich.gv.at zuerst einen Link auf coronakurzarbeit.at. Die Informationen dort sind richten sich aber nur an ArbeitnehmerInnen. In den FAQs sind die Informationen zur Kurzarbeit spärlich. Es sei eine “neue, erleichterte Form der Kurzarbeit”, die “vorläufig für sechs Monate” gelte. Für mehr Informationen muss man sich ein zehnseitiges Dokument des Arbeitsministeriums herunterladen. Arbeitgeber, die die Kurzarbeit als einzige beantragen können, finden auf der Seite nichts.
In Neuseeland gibt es ein vergleichbares “Employer Wage Subsidy Scheme”, bei dem die Regierung Teile der Gehälter zahlt. Auf covid19.govt.nz gibt es einen eigenen Bereich für Unternehmen und ArbeitnehmerInnen, in dem nicht nur gleich steht, wer sich für diese Unterstützung qualifiziert und wie und wie viel und wie lange hier ausgezahlt wird, sondern auch gleich einen Link zum Formular auf der Webseite des neuseeländischen Arbeitsministeriums.
Alarmstufen: Klare Informationen und Handlungsweisen
Die meiste Kritik gibt es in Österreich von Opposition, Gewerkschaften und Interessenverbänden an der Bundesregierung, wenn der Fahrplan für einzelne Bereiche nicht klar ist. Wann werden die Schulen wieder geöffnet?, was gilt für den Kulturbereich, wurde in den letzten Wochen vermehrt gefragt. Dazu kommt zunehmende Kritik an Pressekonferenzen der Regierung, in denen kommende Pressekonferenzen angekündigt werden, in denen dann Maßnahmen präsentiert werden sollen. Beate Meinl-Reisinger, Parteichefin von Neos, kritisiert hier fehlende Transparenz. Die Regierung wird nicht nur inhaltlich angegriffen, sondern auch wegen der Kommunikation. Besser gesagt, der scheinbar fehlenden klaren Kommunikation.
In Neuseeland hat Premierministerin Jacinda Ardern die Regierungskommunikation von Beginn an anders aufgesetzt. Sie hat ein vierstufiges Alarmsystem eingeführt. Neuseeland befindet sich derzeit in der höchsten Stufe 4, ab 28. April wird es Stufe 3 sein. Jeder Stufe sind bestimmte Maßnahmen zugeordnet, von Lockdown bis Vorbereitung. Dadurch ist der Fahrplan der Regierung für jede/n nachvollziehbar und jederzeit abrufbar. Fragen, wann Schulen aufsperren oder was das für den Kulturbereich bedeutet, stellen sich nicht. In Stufe 3 werden Schulen für Kinder bis zehn geöffnet, Versammlungen von bis zu 100 Personen gibt es erst in Stufe 2. Ardern kann mit diesem System einfach auf die vier Stufen verweisen. Trotzdem gibt es tägliche Pressebriefings, die auf der Startseite von covid19.govt.nz abrufbar sind.
Für noch mehr Transparenz hat der Epidemiologe Michael Baker gesorgt, der im Krisenstab der Regierung sitzt. Im “New Zealand Medical Journal” hat Baker zusammen mit KollegInnen Anfang April die Strategie der neuseeländischen Regierung erklärt. Dabei schreibt Baker auch über die Gefahren der Strategie und welchen Plan es gibt, sollte die Strategie nicht funktionieren.
Österreich könnte das System kopieren
Es spricht nichts dagegen, dass Österreichs Bundesregierung es Neuseeland gleich tut. In Sachen Webseite hat Österreich auch einen ähnlichen Schritt gesetzt aber auf eine Ausweitung der Informationen verzichtet. So ist die Informationslage dezentral, kompliziert und frustrierend, weil BürgerInnen in einer angespannten Zeit von Webseite zu Webseite geschickt werden. In Neuseeland gibt es eine zentrale Webseite, mit erheblich mehr Informationen, die erst spät zu den einzelnen Ministerien verlinken.
Auch das Alarmstufen-System wäre in Österreich möglich und würde der Bevölkerung eine schnellere Orientierung bieten, die die Regierung im Laufe der Zeit noch vertiefen kann. Premierministerin Ardern zeigt, dass man dabei nicht auf den täglichen Medienauftritt verzichten muss, der Opposition dafür aber einen Angriffspunkt nehmen – bei den BürgerInnen für ein Stück mehr Klarheit kann.