Die Midterm-Elections 2018: Ein Video macht aus einer unbekannten Quereinsteigerin eine vielversprechende Kandidatin. Der Demokratin reichten dreieinhalb Minuten, um zur ernstzunehmenden Konkurrentin in einer republikanischen Hochburg zu werden.
Das Video soll den WählerInnen die Kandidatin näher vorzustellen und ihnen ein Bild von MJ Hegar geben. Im Video öffnen sich für die Kandidatin neue Türen, wenn sich alte schließen. Das Motiv ist hier klar, es geht um neue Wege und neue Chancen. Und darum, sich von Herausforderungen nicht abschrecken zu lassen. Das Video erzählt eine stringente Geschichte und begnügt sich nicht damit, eine Kandidatin in die Kamera sprechen zu lassen. Dadurch unterscheidet sich dieses Video so radikal von vielen anderen, die das gleiche Ziel verfolgen: eine Kandidatin vorzustellen und sie zu personalisieren.
This is an fascinating political ad https://t.co/nZYBIUGirg
— Samantha Maiden (@samanthamaiden) June 23, 2018
Dazu kommt, dass Hegar eine Geschichte erzählen kann, die wichtige Aspekte einer amerikanischen Kandidatur bedient. Sie ist Veteranin und im Bezirk aufgewachsen. Sie hat keine Angst vor mächtigen Gegnern, sei es das diskriminierende Militär oder ein gewalttätiger Vater. Dazu kommt, dass es ihr auch gelingt, ihren Gegenkandidaten, den Republikaner John Carter, in einem negativen Licht darzustellen. Ohne dass das aggressiv oder als „negative campaigning“ wahrgenommen wird. Sie erzählt einfach, dass er nicht hilfsbereit war, weil sie keine Spenderin war. So bedient sie ein typisches Bild eines Politikers und präsentiert sich als Gegenkandidatin zu diesem Amtsverständnis.
Neben der inhaltlich hervorragenden Geschichte zeichnet sich „Doors“ auch durch sehr gute Produktion aus. Der Stil ist visuell ansprechend und sofort verständlich. Um besondere Elemente ihrer Geschichte herauszuheben, bricht sie die vierte Wand, bricht also aus gespielten Szenen aus und spricht direkt zu den ZuseherInnen. So thematisiert sie ihre Diskriminierung durch das Militär und bezieht so auch das Verhalten ihres Gegners mit in ihre Geschichte ein.
In den Videos danach bleibt Hegar diesem Stil treu und macht zu ihren politischen Forderungen eigene Videos. Dabei vergisst sie nie, ihre Rolle als Veteranin zu erwähnen. Sie erklärt damit zum Beispiel ihre Position zur Gesundheitsversorgung.
Trotz der Aufsehen erregenden Kampagne ist es Hegar nicht gelungen die Wahl gegen den Republikaner Carter zu gewinnen. Dieser setzte sich schlussendlich mit 50,7 Prozentpunkten durch.
Mächtige Videos
Eine etwas andere Situation gab es gleichzeitig in New York. Dort gewann völlig überraschend die 28-jährige Alexandria Ocasio-Cortez. Auch sie veröffentlichte ein Video, das viral ging. Allein auf Twitter sahen ihren Spot über 3.2 Millionen Menschen.
Der Wahlkampf von Ocasio-Cortez – und ihr Video – waren inhaltlich stärker aufgebaut, sie sprach darin mehr von ihrer Politik und ihren Überzeugungen und setzte sich als eine Alternative in Szene, die direkt aus dem Bezirk kommt. Die Gründe für das Viralgehen des Spots sind also verschieden – die Wirkung allerdings ähnlich.
"Meinem Bruder seid ihr egal"
Ein Coup im Wahlkampf in Arizona gelang unterdessen dem Demokraten David Brill. Ein Video zeigt sechs Personen, die Paul Gosar, den republikanischen Gegenkandidaten, als nicht hilfsbereit und schlecht für Arizona bezeichnen. Der Gag: Alle Leute aus dem Video sind mit Gosar verwandt. Er ist ihr Bruder.
In mehreren Videos erklären die Familienmitglieder, weswegen sie gegen ihren Bruder mobilisieren und – um es etwas menschlicher zu machen – wie schwer die Situation für die ganze Familie ist. Aber Arizona sei wichtiger.
Congressman Gosar war von den Werbevideos natürlich wenig begeistert.
My siblings who chose to film ads against me are all liberal Democrats who hate President Trump. These disgruntled Hillary suppporters are related by blood to me but like leftists everywhere, they put political ideology before family. Stalin would be proud. #Az04 #MAGA2018
— Paul Gosar (@DrPaulGosar) September 22, 2018
Das kann auch schief gehen
Schon öfter konnten Underdogs mit ihren Videos für Aufmerksamkeit sorgen, auch auf der Seite der Republikaner. Dale Peterson trat in Alabama zur Wahl an und sein Wahlvideo wurde im Internet zu Hit, allerdings aus den falschen Gründen.
Das Video wurde 2010 veröffentlicht und bis jetzt auf YouTube alleine 3 Millionen Mal angesehen. Peterson hat die Wahl nicht gewonnen.