Die ÖVP lädt zu einer eilig einberufenen Pressekonferenz. Es geht um angeblich gefälschte Emails, die Sebastian Kurz mit dem Ibiza-Video in Verbindung bringen sollen. IT-Expertinnen und Experten hinterfragen das Gesagte schon auf der Pressekonferenz.
Ohne Kontext schickt die Volkspartei eine Einladung zu einer Pressekonferenz am 17. Juni 2019 aus. Betitelt ist sie so: „Pressekonferenz anlässlich Fälschungsskandal und der damit verbundenen rechtlichen Schritte seitens der Volkspartei„. Mehr Informationen gibt es nicht. Nur, dass Ex-Kanzler Sebastian Kurz zum ersten Mal zu einer Pressekonferenz lädt. Für Spannung ist also gesorgt.
Ein Medium habe sich an die ÖVP gewandt: Es habe Emails, die Sebastian Kurz und Gernot Blümel mit den Ibiza-Videos in Verbindung bringen würden. Welches Medium das ist, sagt Kurz nicht. Dafür legt ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer einen Prüfbericht einer externen Firma vor, die die Screenshots untersucht habe. Nehammer liest daraufhin eine IP-Adresse vor und listet einige Punkte auf, die als klare Hinweise auf Fälschungen zu werten seien.
Doch schon während der Pressekonferenz wird das Gesagte hinterfragt. Ein anwesender Journalist mit IT-Kenntnissen will von Kurz und Nehammer wissen, wie man die notwendigen Daten aus Screenshots auslesen konnte. Und auch auf Twitter versuchen technikaffine Userinnen und User, etwas Licht in die Sache zu bringen. Darunter auch Markus Sulzbacher und Andreas Proschofsky vom Standard:
Zu ÖVP-Nachweisen: Ohne Zugriff auf die Mailserver, kann eine. Forensikfirma nur sehr wenig sagen. Diesen Zugriff hat es aber wohl nicht gegeben.
— Markus Sulzbacher (@msulzbacher) June 17, 2019
Auch fantastisch: Die ÖVP hat offenbar eine professionelle Forensikfirma engagiert, die SCREENSHOTS angesehen hat. Gratulation! Ich mache das gerne für das halbe Geld, so fürs nächste Mal.
— Andreas Proschofsky (@suka_hiroaki) June 17, 2019
Die Kleine Zeitung veröffentlicht den Prüfbericht der forensischen Analyse. In dem zur Verfügung gestellten PDF fehlen aber einige Seiten. Der Bericht weist auch kein Fazit auf und zeigt, dass die Screenshots Fotos von einem PC-Bildschirm sind.
Ich habe jetzt den Deloitte-Bericht gelesen. Der reicht nicht! Wichtige technische Infos kommen nämlich von der ÖVP-IT und nicht von Deloitte. Aber ja: Die Absender der Mails können gefälscht sein. #övp
— Markus Sulzbacher (@msulzbacher) June 17, 2019
Mein Fazit, ja, Mails können gefälscht sein. Es bleiben aber viele Fragen: wurden die Mails überhaupt verschickt, nutzt die #ÖVP den erwähnten Hoster, gab es nur die Screenshots, .... 1e politische Einordnung spare ich mir, weil @sebastiankurz Tal Silberstein nicht erwähnt hat.
— Markus Sulzbacher (@msulzbacher) June 17, 2019
Stichhaltigkeit angezweifelt
Futurezone veröffentlicht einige Stunden nach der Pressekonferenz einen Artikel. Das Magazin hat mit einem Experten über den Bericht gesprochen. Und ihn gefragt, wie solche Mails überprüft werden können. Seiner Meinung nach können mit den vorliegenden Informationen wenig Rückschlüsse getroffen werden.
Ist der #Fälschungsskandal der #ÖVP auch wirklich einer? Ich habe die bisherige Beweiswürdigung der Twitteria in meinem Blog zusammengefasst:https://t.co/qpB9gOVqtT
— 𝔐𝔦𝔠𝔥𝔞𝔢𝔩 𝔈𝔦𝔰𝔢𝔫𝔯𝔦𝔢𝔤𝔩𝔢𝔯 (@mikeemesser) June 18, 2019
Der Universitätslektor und in IT-Fragen versierte Michael Eisenriegler hat sich die Daten und den Bericht genauer angesehen. Eine Zusammenfassung seines Twitter-Threads zu dem Thema hat er auf seiner persönlichen Seite gepostet.
Sein Fazit: Mit den bekannten Informationen kann nicht gesagt werden, ob Mails gefälscht wurden oder nicht.