Die Senatorin kann bei der demokratischen Debatte überraschen. Sie konfrontiert Joe Biden mit dessen Politik aus den 70ern und kann eine persönliche Geschichte in den Medien platzieren. Und die verbreiten sie auch weiter.
Eigentlich geht es um Pete Buttigiegs Verhalten als Senator während einer Polizeischießerei: . Ein weißer Polizist hat einen schwarzen Mann erschossen. Er habe es nicht geschafft den Minderheitsanteil in der Polizei zu erhöhen. Doch dann kommt es anders. Während der ersten demokratischen Debatte für die Präsidentschaftskandidatur 2020 kann sich eine Kandidatin als ernstzunehmende Option profilieren: Kamala Harris. Neben einer durchgehend starken Performance hilft ihr auch eine starke Geschichte.
Harris, die kalifornische Senatorin und einzige schwarze Frau auf der Bühne, unterbricht das Moderationsteam. “As the only black person on this stage I would like to speak on the issue of race”, sagt sie. Und dreht sich zu Joe Biden, dem ehemaligen Vizepräsidenten unter Barack Obama und einem der Favoriten auf das demokratische Mandat gegen Donald Trump. Auch wenn er kein Rassist sei, seien einige Aussagen von ihm abzulehnen, sagt Harris. Sie kritisiert Biden für die Zusammenarbeit mit Befürwortern der Segregation in den 70ern und seinen Widerstand als Senator gegen “busing”: Eine Integrationsmaßnahme, bei der Kinder außerhalb ihrer Schulbezirke in Schulen gebracht wurden. Dadurch wurde der Minderheitenanteil – und so die Chancengleichheit und Integration – in den jeweiligen Schulen gesteigert.
“Das kleine Mädchen war ich”
Harris nehme Bidens Aussagen persönlich. Sie erzählt von einem kleinen Mädchen in Kalifornien, das von dieser Maßnahme profitiert habe. “That little girl was me”, meint Harris und macht eine kurze Pause. Biden versucht sich später zu rechtfertigen, so richtig will ihm das allerdings nicht gelingen. Er äußert auch den Satz “My time is up, I am sorry”.
Die Geschichte des jungen Mädchens wirkt einstudiert und vorbereitet. Harris erzählt die Anekdote, um danach wieder auf das eigentliche Thema von Polizeigewalt zu kommen. Auch ihr Team scheint damit gerechnet zu haben: Auf Facebook wird sofort ein Kinderfoto von Harris gepostet. Mit dem Slogan:”That little girl was me.” Und auf ihrer Wahlkampf-Website kann man ein T-Shirt mit dem gleichen Motiv kaufen. Im Shop gibt es sogar eine eigene Kategorie dafür.
Solche Geschichten sind nicht zu unterschätzen: Kandidaten und Kandidatinnen können sich durch sie profilieren und sich in die Öffentlichkeit manövrieren. Genau deswegen werden sie oft geplant – und von den Medien dann verbreitet. Bei Kamala Harris hat es funktioniert und die schnellen Postings deuten darauf hin, dass ihr das nicht spontan eingefallen ist.
Gut angekommen
In den Analysen nach der Debatte kommt Harris gut weg. Trevor Noah macht ein eigenes Segment zu der Konfrontation. Politico titelt “Kamala Harris breaks out”, Vox schreibt “Kamala Harris was the Democrat you could imagine taking on Trump”.
Dabei darf nicht vergessen werden, welche Polit-Schwergewichte noch auf der Bühne waren: Joe Biden und Bernie Sanders zählen zum Kreis der Favoriten auf die Kandidatur. Harris hat im Vorfeld nicht zu den großen Namen gezählt, es war erst ihre erste Debatte. Es war nicht abzuschätzen, wie gut sie auftreten würde. The Atlantic meint, Harris habe ihren Moment genutzt. Das Magazin verweist auf eine Szene der Debatte: Nach gut 20 Minuten kommt es zu einem Wortgefecht unter den teilnehmenden Kandidaten und Kandidatinnen. Harris sorgt mit einer gut getimten Aussage für Ruhe.
Ihr starker Auftritt hat noch zu andere Effekte: Laut New York Times hat Harris bei einem neuen Spendenaufruf zwölf Millionen Dollar im zweiten Quartal eingenommen. Mehr als 3,2 Millionen seit der Debatte.