Sogar Andreas Khol scheint von seinem Antreten überrascht gewesen zu sein. Sein Antrittsvideo sieht dementsprechend aus.
Das Video zum Wahlantritt ging am 10. Jänner 2016 online. Gleichzeitig mit der Präsentation Khols als Kandidat der ÖVP. Das Video ist sehr roh gestaltet, mit einigen harten Cuts und schrägen Kameraeinstellungen. Das lässt vermuten, dass es erst am Tag der Präsentation aufgenommen wurde. Das wäre auch logisch, denn die ÖVP hat lange Zeit mit Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll als Kandidat geplant – sogar noch nach dessen offizieller Absage.
Im Video spricht Khol sogar über seine eigene Überraschung, der ÖVP-Kandidat für die Bundespräsidentschaftswahl zu sein. Das Video dauert 1:10 Minuten, wurde mehr als 95.000-mal angeklickt – wohl auch aufgrund der Kuriosität des Videos – und bekam 275 likes und mehr als 800 dislikes. Nachdem die Kabarettgruppe Maschek sein Video neu synchronisiert hatte, gab es auf seinem YouTube-Kanal sogar ein Video, in dem Khol mit Angestellten über sich selbst lacht.
Die restliche Videostrategie bestand ebenfalls aus kurzen Videos ohne große Nachbearbeitung. Khol eröffnet das Wahlbüro. Sein Kampagnenleiter Thomas Kratky und seine Gattin Heidi Khol stellen das Bürgerkomitee vor. Dabei wurden Aufnahmen von Khol bei Reden und Gesprächen danach gezeigt. Von Anfang an drehten sich die Videos um Khols Slogan „Miteinander macht stark. Österreich stärken.“
Am 21. März 2016 veröffentlichte Khol sein erstes echtes Wahlvideo. Bis dahin waren alle Videos schnell produzierte Status-Updates. In diesem ersten Wahl-Spot kam viel Stockfootage zum Einsatz: von Bergen, Feldern, Seen, Kirchen, Wien, Salzburg und Europa aus dem All. Im Wechsel mit Bildern von Khol bei Reden und Vorträgen, vom Shakehands mit WählerInnen … allerdings alles in viel schlechterer Qualität als die Stockfootage produziert.
Im Hintergrund spielt aufbauende, epische Musik und im Voiceover spricht Khol über seinen Glauben, über Europa. Und bittet um Mithilfe. Der Ton hallt leicht und es wirkt , als ob das Voiceover aus einer Rede Khols zusammengeschnitten wurde. Das Video dauert 1:24 Minuten und wurde 532-mal gesehen und hat 12 Likes.
Das letzte Video auf Khols YouTube-Account wurde am 22. April 2016 hochgeladen, also zwei Tage vor der Wahl, und 548-mal angesehen. Im Video sieht man Khol vor einer EU- und einer Österreichflagge sitzen und direkt in die Kamera sprechen. Die Inszenierung soll wohl an die Ansprachen des Bundespräsidenten erinnern: Khol sitzt im Anzug und mit rot-weiß-gestreifter Krawatte in einem Zimmer mit dezenter Blumentapete und einem Bild mit Goldrahmen.
In dem 25-sekündigen Clip gibt es nur einen Schnitt – mit Perspektivenwechsel – und in seiner Ansprache warnt Khol vor Angstmachern. Er bestärkt noch einmal seine Botschaft der „Stärke“ und des „Miteinanders“. Danach kommt in einer Grafik die Aufforderung, ihn zu wählen. Das Video hat 1 Like.
Abseits der eigenen Videos war die YouTube-Kampagne des Teams von Andreas Khol nur einmal erfolgreich: mit einem Video, in dem Andreas Khol auf einen Kabarettbeitrag der Gruppe Maschek reagierte und sich über die Witze auf seine Kosten amüsierte. Dieses Video ist das zweiterfolgreichste Video auf Andreas Khols YouTube-Kanal.
Fazit
Alle Kandidatinnen und Kandidaten setzten auf Wahlvideos, weil einerseits über YouTube und Social Media viele Leute erreicht werden können. Und andererseits, weil natürlich auch TV-Spots auf diesen Videoplattformen landen. Vor allem Irmgard Griss hat – mit dem geringsten Budget – oft Botschaften über YouTube gesendet, während andere auf hochwertig produzierte Beiträge setzten. Andreas Khol hat dieses Medium am wenigsten bespielt, während Van der Bellen und Hofer viele Videos auf YouTube veröffentlichten – aufgrund der langen Kampagnen in der Stichwahl. Dabei ist Hofer wohl ein Sonderfall: Er konnte auf die ausgeprägte Owned-Media-Strategie seiner Partei zurückgreifen und die etablierten Kanäle der FPÖ nutzen.