Sebastian Kurz geriet bei einem Besuch in Vorarlberg an Bürger, die Erklärungen für fragwürdige Abschiebungen verlangten. Seine Social Media-Kanäle taten so, als wäre das nie passiert.
Mit Bürgerkontakten der anderen Art sah sich Bundeskanzler Sebastian Kurz am 15. November 2018 konfrontiert. Bei einem Besuch in Vorarlberg stellten ihn Besucher und Besucherinnen am Rande einer Diskussion zur Rede: Sie wollten von Kurz eine Rechtfertigung für kontroverse Abschiebungen in Vorarlberg.
Kurz nach dem “Bürgerdialog” gab der Kanzler den Vorarlberger Nachrichten ein Interview. Auf den Tumult angesprochen, versuchte er es mit einem anderen Framing: Die fehlende Diskussionsmöglichkeit nach seiner Rede habe für den Unmut gesorgt. Der Fehler liege nicht bei ihm, sondern den Veranstaltern. Er wäre natürlich gerne für den Dialog geblieben. So ganz wollte ihm das VOL-Redakteur Pascal Pletsch nicht glauben, er sprach ihn auf die Abschiebungen an. Kurz gab während des Interviews dann den Vorarlbergern die Schuld an der Entscheidung. immerhin seien die Beamten aus Vorarlberg.
Erstmals hat Kurz in Vorarlberg Kritik erlebt.
— Monika Bundt (@Hammershoi) November 16, 2018
Keine Kniefälle, kein Beifall. Das ist er nicht gewöhnt.
Und zeigt sein wahres Gesicht:
Lügen, anschuldigen, drohen. Das ist der echte Kurz.@florianklenk @lou_lorenz @JulyaRabinowich
"Die Vorarlberger sind schuld" ist das neue "Nicht der Präsident, sondern nur sein Pferd"#kurz #Vorarlberg
— Daniel Wisser (@danielwisser) November 16, 2018
PR ist keine Information
Wer Sebastian Kurz nur über dessen Kanäle verfolgt, hat über diese Auseinandersetzung – oder diese “Diskussion” – nichts erfahren. Auf Twitter meldete sich Kurz zwischen 14. und 16. November 2018 nur über den Brexit, eine Schülerdiskussion, den Think Tank Austria und die Subsidiaritätskonferenz zu Wort.
Heute konnte ich in #Vorarlberg die Subsidiaritätskonferenz in #Bregenz im Rahmen des österreichischen #EU-Ratsvorsitzes #eu2018at gemeinsam mit LH #Wallner eröffnen. https://t.co/DaGOgXtBWY pic.twitter.com/wXwkIgzN6b
— Sebastian Kurz (@sebastiankurz) November 15, 2018
Weder auf Instagram, YouTube, noch Facebook oder sebastiankurz.at gab es eine Erwähnung des Bürgerdialogs, geschweige denn der Aufregung. Warum auch? Das Video zeigt einen Kanzler, der die Situation nicht unter Kontrolle hat. Erst die Medienberichte brachten den Vorfall an die Öffentlichkeit. Die Presse, der Kurier oder die Oberösterreichischen Nachrichten berichteten darüber und kurzerhand postete Kurz auf seiner Facebook-Seite einen positiven Heute-Artikel mit dem Titel “So gelassen reagierte Kanzler Kurz auf Tumult”.
Der gute Dialog
Wie Sebastian Kurz sich den Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern selbst vorstellt, zeigt seine Webseite. Dort gibt es ein Hochglanz-Video, das einen Termin im Juli zeigt, bei dem Kurz 100 Leuten Rede und Antwort steht. Die Gäste sind handverlesen, das Video zeigt nur das Rundherum und nicht die Diskussion selbst.