Brigitte Bierlein hat bei einigen Medienvertreterinnen und -vertretern für Unmut gesorgt: Nach dem ersten Ministerrat gab es kein Pressefoyer. Dafür neue Leitlinien für die Kommunikation. Die neue Kanzlerin versucht zu beruhigen.
Eingeschränkte Social-Media-Arbeit. Inserate nur mit unpolitischen Sachinformationen. Und kein direkter Kontakt mit Journalistinnen und Journalisten. So stellt sich die neue Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein die Kommunikation der nächsten Wochen und Monate vor. Diese und andere Leitlinien gibt sie ihren Ministerinnen und Ministern während des ersten Ministerrates am 5. Juni 2019 mit auf den Weg.
Bei Journalistinnen und Journalisten sorgten einige dieser Regeln für Unmut. Die Angst vor “Message Control” war groß. Vor allem die Formulierung “Fachjournalist” sorgte für Unverständnis. Einige Journalistinnen und Journalisten benannten sich daraufhin auf Twitter in Fachjournalist um. Andere zeigten auf, weshalb sich auch die Übergangsregierung kritischen Fragen stellen müsse.
„Es handelt sich um eine normale, verfassungsmäßige Regierung. Dazu gehört auch normaler Zugang für die demokratischen Medien.“ (Hans Rauscher)
— Fachjournalistin Mag. Colette Schmidt (@ColetteMSchmidt) June 7, 2019
ControlLikeBierlein? https://t.co/vSCrsgVTcl via @derStandardat
Ich hab nur Germanistik und Judaistik studiert. Einen Rettungssanitöterkurs hab ich auch. Welcher Minister ist für Fragen meines Faches zuständig?
— Fachjournalistin Mag. (phil) Anna Thalhammer (@anna_thalhammer) June 7, 2019
Die Übergangsregierung ist nicht nur ein Platzhalter. Sie wird Entscheidungen treffen müssen, die Fragen aufwerfen werden. Mit welchem Recht entzieht sie sich der Öffentlichkeit? https://t.co/LR0Z5l3Qpn pic.twitter.com/X3kko8uZ8J
— Corinna Milborn (@corinnamilborn) June 6, 2019
Auch der Presseclub Concordia und der Österreichische Journalisten Club melden sich in weiterer Folge mit Presseaussendungen zu Wort: Die Bundeskanzlerin soll “die Message-Control-Anweisung an ihr Kabinett zurückzunehmen”, fordert der Presseclub Concordia. Der Österreichische Journalisten Club schreibt hingegen von einem “Geheimkabinett” und zitiert seinen Präsidenten Fred Turnheim: „Frau Bundeskanzlerin, auch ein Beamtenkabinett ist auskunftspflichtig“
Auch Alexander Warlizek, Geschäftsführer des Österreichischen Presserates, meldet sich zu Wort und nennt die Leitlinien in einem Presse-Gastkommentar einen „Maulkorberlass“.
Bierlein stellt klar
"Selbstverständlich stehen die Minister dieser Regierung für Interviews und Medienanfragen bereit und tragen damit auch zum Vertrauen in diese Regierung bei"
Gegenüber der Wiener Zeitung versucht die Kanzlerin ihre Aussagen in einer schriftlichen Stellungnahme zu erklären. Der Begriff “Fachjournalist” sei missverständlich gewesen. Sie wolle keine Interviews verhindern, nur Inszenierungen. Mit “Fachjournalist” habe sie zum Ausdruck bringen wollen, dass es Medienarbeit nur zum eigenen Ressort geben solle.
“Was aber auch klar ist: Wir wollen keine Inszenierung."
Diese Erklärung deckt sich auch mit Bierleins letzter Rede vor ihrer Kanzlerschaft: Bei der Veranstaltung “100 Jahre Vereinigung österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte” am 23. Mai 2019 sprach die ehemalige Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes darüber, wie wichtig Öffentlichkeitsarbeit für Vertrauen sei.