Immer häufiger versuchten Rechtspopulisten Satire für sich zu nutzen. Dabei ist es irrelevant, ob das jetzt Satire ist oder nicht, es geht nur um das Ergebnis. Und das ist alles andere als lustig.
Rechtspopulismus und Satire, das will – Feuilleton und Öffentlichkeit sind sich einig – einfach nicht so recht zusammenpassen. Außer als Gegenstand der Satire vielleicht. Die verunglückten Versuche von Heinz-Christian Strache und jene anderer Politiker, sich humoristisch zu erproben oder hinter dem Satire-Label zu verschanzen, scheinen das zu bestätigen. Sich aber darüber zu streiten, ob es denn rechte Satire überhaupt geben kann, weil Satire definitionsgemäß immer aus einer Position der Schwäche, von unten gegen die da oben auftreten müsse, führt irre. Denn was in sozialen Medien aus rechtskonservativer bis rechtsextremer Ecke kommt und sich selbst „Satire“ nennt, ist ja trotzdem da. Und in deren digitaler Zirkulation spielt es dann auch keine Rolle, ob sich für Form (Memes!) und Inhalt dann auch eine Instanz finden lässt, die gültig „Satire“ dazu sagt. Auch ob Satire denn nur dann alles dürfen soll, wenn sie von der „politisch richtigen Seite“ kommt, führt zu einer Scheindebatte. Natürlich kann sich auch „Rechts“ um eine humoristisch zugespitzte Kommentierung gesellschaftlicher Zustände oder Entlarvung durch Lächerlichkeit bemühen; das nicht lustig oder wenig raffiniert zu finden ist legitim – aber der Versuch selbst grundsätzlich auch.
Satire als Ausrede
Die eigentliche Herausforderung ist, zu erkennen, wo diese als satirisch und humoristisch etikettierten Beiträge zum Trägermaterial werden, um einen anderen Zweck zu transportieren. Wo sie als Ventil dienen, um Grenzen auszuloten, Themen zu setzen, (Sprach-)Bilder zu etablieren und vor allem, um zu extremeren Inhalten zu lotsen. Der Humor ermöglicht dabei nicht nur Explizitheit, sondern auch Distanzierung: Just for the lulz!
Das beginnt etwa dort, wo Strohmänner aufgebaut, ein bedrohtes Wir durch gefährliche Andere, und ein homogener Mainstream konstruiert werden, an dem sich die „Satire“ als Stimme der Entrechteten dann abarbeitet. Die Feindbilder, Themen, Motive und Stilmittel der rechten Satire in sozialen Medien sind nicht nur nah am typischen Inventar des Rechtspopulismus gebaut, sondern vor allem auch grenzüberschreitend anschlussfähig, eingängig und adaptierbar. Pepe der Frosch und andere sind längst nicht mehr nur in kleinen Zirkeln bekannt, sondern Bestandteil einer transnationalen Symbolwelt geworden. Eine Symbolwelt, die Zugehörigkeit und Vertrautheit bieten kann: Zu so einer Community of Knowledge zu gehören, erfordert Geschick und ermöglicht Distinktion: Wir sagen, dass es ja nur witzig gemeint ist, wissen augenzwinkernd aber, dass wir meinen, was wir sagen und nur sagen, dass es Satire ist, weil wir wissen, dass wir sagen müssen, dass es Satire sei. Und wer das weiß, kann dazugehören. Dazugehören in einer Welt, in der Identität vielfach brüchig geworden, infrage gestellt oder entfremdet ist. Ein Posting von Heinz-Christian Strache macht genau das: Über den ORF schreibt er, dass dort „Lügen zu Nachrichten werden“ und sichert sich mit „Satire!“ ab.

Es geht dort weiter, wo die Kommentare zu bestimmten Memes sich einerseits Botschaften verstärken, kanalisieren und radikalisieren können, andererseits aber wieder die ideale Vorlage zur Distanzierung und Relativierung mittransportieren.
Humor als Werkzeug
Die Analyse politischer Praktiken im digitalen Raum romantisierte lange die neuen Partizipationsmöglichkeiten und orientierte sich dabei an den progressiven Liebkindern des digitalen Aktivismus. Darüber wurde übersehen, dass sich in vielen westlichen Demokratien weitreichende Kommunikationsumwelten der populistischen Rechten entwickelt hatten. Diese haben die Logiken von Social Media so gut verstanden und verinnerlicht, dass sie ein stabiles Netzwerk für politische Agitation an journalistischen Filtern vorbei etablieren konnten.
Es wäre fatal, das Phänomen des Humors als Schmiermittel des Populismus in ähnlicher Weise zu unterschätzen. Weil Rechte angeblich keinen Humor hätten. Oder weil man den Humor nicht teilt. Ihn für verletzend oder gar abstoßend hält. Er ist da und er erreicht Menschen, er verbreitet sich, öffnet Türen und zeigt zugleich auch noch einige der verbliebenen Möglichkeiten auf, um durch Provokation Resonanz zu erzeugen. Man muss darüber sprechen, um die Symbolwelten und Gedanken, die dadurch gepflegt, verbreitet und zugänglich gemacht werden, zu verstehen.
Daraus ergeben sich dann für Wissenschaft und Medienöffentlichkeit allerdings das nächste ethische Dilemma: Wie über diese Symbolwelten publizieren und berichten, ohne selbst zur Zirkulation beizutragen? Wie das nicht aussehen sollte, konnte man kürzlich anhand der Symbole der Identitären Bewegung beobachten, die in österreichischen Onlinemedien zu Hauf gezeigt wurden. Die sind übrigens nach heutigem Wissen kein Satireprojekt. Die meinen das ernst.