Das im Parlament vorgestellte Buch beschreibt die Strategien der Parteien während der Nationalratswahl 2019. Die Herausgeber Thomas Hofer und Barbara Tóth geben Einblicke eines Wahlkampfes. Die Wahlkampfstrategen der Parteien liefern eigene Beiträge mit Einschätzungen und HIntergrundinformationen.
Thomas Hofer beschreibt in einem Kapitel seines Buches, wie es der ÖVP gelungen ist, einen zentralen Begriff der SPÖ für sich zu beanspruchen – und damit eine Kernwählergruppe der Sozialdemokratie anzusprechen.
"Gerechtigkeit" mit Daten für sich verwendet
So konnte die ÖVP unter Sebastian Kurz den Begriff Gerechtigkeit besetzen. Scheinbar unbemerkt von SPÖ-Kommunikatoren. Hofer beschreibt, wie der Begriff Gerechtigkeit einst von Werner Faymann verwendet wurde und schon 2017 von der Volkspartei auf die LeistungsträgerInnen umgelegt wurde. Das nennt sich Re-Framing, also Umdeutung. Und das, so Hofer, beherrsche die ÖVP. Als Beispiel nennt er die Argumentation bei der neugeregelten Mindestsicherung: Dort baute die ÖVP und Sebastian Kurz eine Erzählung auf, in der zwischen Sozialhilfeempfängern und arbeitenden Menschen unterschieden wurde.
Diese Erzählung hat die Volkspartei mit Datensätzen entwickeln können: Sie hatte Umfragen, die gezeigt haben, dass es auf der gleichen Ebene ein höheres Unrechtsempfinden gibt. Menschen mit geringen Einkommen empfinden es als ungerecht, wenn sich jemand ein ähnliches Einkommen durch die Mindesischerung finanziert. Das sei ungerechter als die Einkommensunterschiede zwischen arm und reich. So konnte die Volkspartei auch typisch sozialdemokratische Wählerschichten ansprechen.
Hofer vergleicht diese Positionierung mit dem früheren US-Präsidenten Ronald Reagan und dem britischen Ex-Premierminister David Cameron.
ÖVP mit Mobilisierung vor anderen Parteien
Einen anderen Vorteil der ÖVP verortet der Politikberater in der Mobilisierungsfähigkeit. Seit Jahren würde Sebastian Kurz schon Profile für eine Datenbank sammeln. Angefangen habe das schon beim Nationalratswahlkampf unter Michael Spindelegger. Kurz setzt dabei auf das gleiche Unternehmen, das schon für Barack Obama tätig war. 2019 befanden sich in Kurz‘ Kampagnensoftware rund 300.000 Profile, die die Volkspartei vor allem über Email und WhatsApp mobilisieren konnte. Facebook war zwar weiterhin wichtig, aber zweitrangig.

„Wahl 2019 – Strategien, Schnitzel, Skandale“
ist im Ecowin-Verlag erschienen.
Herausgegeben wurde das Buch von Thomas Hofer und Barbara Tóth.
Mit Beiträgen von Thomas Hofer, Barbara Tóth, Karl Nehammer, Stefan Hirsch, Christian Hafenecker, Thimo Fiesel, Nikola Donig, Herta Emmer, Claus Pándi und Hubert Sickinger.