Unsere Analyse zeigt: Die Wähler mit Zweitwohnsitz in Niederösterreich haben nicht so überproportional ÖVP gewählt, dass die absolute Mehrheit der ÖVP vor allem darauf zurückzuführen wäre.
In verschiedenen Medien wurde genau das spekuliert – allerdings läßt sich das bei einer genaueren Analyse der Wahlergebnisse der Gemeinden nicht belegen.
Es gab bei der Nationalratswahl 2017 1.288.802 und bei der Landtagswahl 2018 1.386.356 Wahlberechtigte. Zwischen den beiden Wahlen liegen nur etwas mehr als drei Monate (genau 105 Tage), daher sind die demografischen Änderungen ziemlich gering. Die 97.554 zusätzlichen Wahlberechtigten bei der Landtagswahl müssen daher (mit ganz kleinen Abweichungen) Wähler mit einem Zweitwohnsitz in Niederösterreich sein.
Die Zahl der Wahlberechtigten bei der Landtagswahl ist in allen Gemeinden höher als bei der Nationalratswahl, die Zunahme schwankt zwischen 0.3 % und 77.0 %.
Aber: Nur in 17 der 573 Gemeinden ist die Zunahme der Wahlberechtigtenzahlen durch die Zweitwohnsitzer größer als 30 %.
In welchen Gemeinden ist der Anteil der Zweitwohnsitzer besonders hoch?

Diese Karte ist vielleicht überraschend, die meisten Zweitwohnsitzer gibt es demnach in Norden und im Süden Niederösterreichs. In geringerem Umfang gibt es sie auch westlich von Wien, aber nicht südlich von Wien.
Was zeigt ein vergleich der Wahlbeteiligung bei beiden Wahlen?

Jeder Punkt in dieser Grafik entspricht einer Gemeinde. Die Größe entspricht der Wahlberechtigtenzahl (bei der LTW), die Farbe der Zunahme bei den Wahlberechtigten, also je heller die Punkte desto mehr Zweitwohnsitzer. Bei Punkten unterhalb dieser Geraden ist die Wahlbeteiligung bei der LTW geringer als bei der NRW. Die Grafik zeigt, dass das in den meisten Gemeinden der Fall ist und dass die Wahlbeteiligung kaum mit dem Anteil an Zweitwohnsitzern in Zusammenhang steht.
Die Wahlbeteiligung in den einzelnen Gemeinden ist nicht direkt vergleichbar. Bei der Nationalratswahl wurden in Niederösterreich ungefähr 10 % der Stimmen mittels Wahlkarte abgegeben, bei der Landtagswahl 2013 waren es weniger als 0,2 %. Die Ergebnisse der Parteien bei der Nationalratswahl waren aber bei Wahlkartenwählern und Urnenwählern ziemlich gleich, also sollte es dadurch zu keiner Verzerrung kommen.
Als nächstes untersuchen wir einen möglichen Zusammenhang zwischen ÖVP-Ergebnissen und Zweitwohnsitzeranteil. Wir verwenden dazu den Anteil der Parteienstimmen an den Wahlberechtigten und nicht den üblicherweise in Ergebnispublikationen ausgewiesenen Anteil an gültigen Stimmen.

Man sieht, dass die ÖVP bei der Landtagswahl im Vergleich zur Nationalratswahl in fast allen Gemeinden besser abgeschnitten hat.
Hätten Zweitwohnsitzer in stärkerem Umfang als Hauptwohnsitzer ÖVP gewählt, dann müssten die grünen Punkte merkbar höher liegen als die anderen, weil dann die prozentuellen Gewinne in Gemeinden mit hohem Zweitwohnsitzeranteil höher sein müssten als in den anderen Gemeinden.
Wir können auch die Zunahme der Wahlberechtigen und die ÖVP-Gewinne und Verluste vergleichen:

Auch diese Grafik zeigt keinen Zusammenhang zwischen ÖVP-Veränderungen und Zweitwohnsitzeranteil.
Um die Unterschiede bei den ÖVP-Gewinnen und Verlusten auch geografisch einordnen zu können, stellen wir die Ergebnisse als Landkarte dar und vergleichen sie mit dem Anteil an Zweitwohnsitzern.

Hätten die Zweitwohnsitzer stärker ÖVP gewählt als die Hauptwohnsitzer, dann müssten Gebiete, die links dunkel sind, auch rechtes dunkler sein. Das ist aber nicht der Fall.
Somit haben wir mit mehreren Darstellungen gezeigt, dass sich die Hypothese, dass Zweitwohnsitzer stärker ÖVP gewählt haben als Hauptwohnsitzer, mit den Gemeindeergebnissen nicht rechtfertigen lässt.
Der Artikel erschien zuerst auf www.wahlanalyse.com