Die Bundespräsidentschaftswahl 2016 war die längste in der Geschichte der Zweiten Republik. Im ersten Durchgang konnten die fünf Kandidaten und die Kandidatin das noch nicht wissen. Der erste Durchgang der Wahlplakate brachte Vertrautes – und Überraschendes.
Der SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfer präsentierte sein erstes Plakat am 24.03.2016. Er ging mit dem Slogan „Mit Sicherheit. Immer für uns.“ in den Wahlkampf. Auf dem Sujet: Hundstorfer mit roter Krawatte, der nach rechts blickend vor einem Sonnenuntergang steht. Im Vordergrund sieht man eine Frau, die nicht im Fokus ist. Hundstorfer, dessen Blick die Frau wohl treffen sollte, blickt klar an ihr vorbei.
Hundstorfer versuchte sich mit dem Zusatz „Die verbindende Kraft“ im Wahlkampf mittig zwischen dem linken Alexander Van der Bellen und rechten Norbert Hofer zu positionieren. Interessanterweise ist auf dem Plakat kein Logo der SPÖ zu sehen – nur Hundstorfers Unterschrift.
Kurz vor der Wahl gab es von der SPÖ eine zweite Plakatwelle. Darauf blickt Hundstorfer fast direkt in die Kamera, hinter ihm Bücherregale. Wie schon das erste Plakat verwendet auch dieses Sujet warme Farbtöne. Der Stil bleibt: ein Slogan mit „Sicherheit“, kein SPÖ-Logo. Sicherheit wird von Hundstorfer eher als Versprechen verwendet, das passt auch zu den warmen gemütlichen Farbtönen. Im Vergleich mit den Plakaten von Norbert Hofer sieht man zwei konträre Herangehensweisen an eine ähnliche Botschaft. Mit 11,28 Prozent kam Hundstorfer nicht in die Stichwahl.
Andreas Khol
Die ÖVP schickte Andreas Khol für das Amt des Bundespräsidenten ins Rennen. Am 11. März 2016 stellte er seine ersten – und wie sich herausstellen sollte, auch letzten – Plakate dieses Wahlkampfes vor. In der Phase vor dem ersten Wahlgang gab es zwei Sujets, die Khol mit Slogans zeigten, die Stabilität vermitteln sollten. „Österreich stärken“ und „Erfahrung macht stark“. Ähnlich wie Rudolf Hundstorfer verzichtete auch Khol auf das Logo seiner Partei. Einerseits sollte er unabhängig wirken und andererseits nicht zur Zielscheibe für eine etwaige Unzufriedenheit mit der Regierung werden.
Auf einem Plakat ist Khol gestikulierend mitten im Gespräch zu sehen. Die Slogans suggerieren Stabilität und Stärke, dazu passt auch der Hintergrund, der schlicht gehalten ist und an Büros und Parlament erinnert – also an Arbeit. Auf dem zweiten Sujet blickt er nach links aus einem Fenster, seine rechte Körperhälfte ist in Schatten getaucht. Khols Plakate sind das genaue Gegenteil von Hundstorfers Plakaten: Kein romantischer/heimeliger Hintergrund, keine warme Komposition. Härtere Schatten und kaltes Licht. Khol kam mit 11,12 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang nicht in die Stichwahl.
Irmgard Griss
Irmgard Griss war die einzige Kandidatin in der Bundespräsidentschaftswahl 2016. Die frühere Richterin trat als unabhängige Kandidatin an, wurde aber von der Parlamentspartei NEOS unterstützt und beraten. Auch ihre Kandidatur machte sie bei einer Veranstaltung der NEOS publik. Sie wurde aber auch von einigen ÖVP-Mitgliedern unterstützt.
Ihren Wahlkampf finanzierte sie über Spenden, dementsprechend klein war das Budget für Plakatkampagnen. So wurden anfangs knapp 1.000 Plakatflächen für Griss-Plakate gemietet, wobei es keine großflächigen Flächen gab, sondern nur dreiseitige Aufsteller.
Auch das Plakat war einfach gehalten. Griss lächelt dezent vor einem grau-beigen Hintergrund direkt in die Kamera. Sie stützt ihr Kinn auf ihren Händen ab und trägt einen weißen Blazer, dazu eine Perlenkette. Über ihrem Kopf stehen ihr Name und der Slogan: „Unabhängig. Für Österreich.“ Dazu der Wahltermin 24. April und der Zusatz „Jetzt oder nie.“ Die Anspielung richtete sich einerseits an die Möglichkeit zum ersten Mal eine Frau in dieses Amt zu wählen und zum anderen an ihr Wahlversprechen, das Amt unabhängig auszuüben. Sie schied mit 18,94 Prozent im ersten Wahlgang aus.
Richard Lugner
Richard Lugner ist schon 1998 zur Wahl zum Bundespräsidenten angetreten und hat damals 9,9 Prozent der Stimmen bekommen. 2016 versuchte er es noch einmal. In seiner ATV-Sendung war seine Kandidatur mehrfach Thema.
Um die notwendigen Unterstützungserklärungen zu bekommen, versprach er jedem Unterzeichner zwei Kinotickets für die Lugner City. Die Aktion musste er schnell wieder beenden, weil sie zu Ermittlungen gegen ihn führte. Das Plakat war im Stil der Werbeplakate der Lugner City gehalten. Zu sehen sind Lugner und seine damalige Frau Cathy Lugner neben einer Österreichflagge. Darunter der Schriftzug „Gegen rot-schwarzen Stillstand!“, zusammen mit der Aufforderung „Lugner for president“. Eine der angeführten Facebook-Seiten war die der Lugner City.
2,26 Prozent der WählerInnen gaben Lugner ihre Stimme. Er schaffte es nicht in die Stichwahl und wurde abgeschlagen Letzter.
Norbert Hofer
Norbert Hofer, bis dahin dritter Nationalratspräsident, wurde als FPÖ-Kandidat schon Ende Jänner, am 28. 01. 2016, präsentiert. Dazu bekam er ein eigenes Plakat, auf dem die Kernpunkte des FPÖ-Wahlkampfes standen: „Wahrheit. Freiheit. Heimatliebe“ unter dem Slogan „Flagge zeigen“. Flaggen sind das bestimmende Merkmal, hinter Hofer ist die österreichische Flagge eingebaut, ebenso neben dem FPÖ-Logo. Dort wird der Kopf des österreichischen Bundesadlers mit der rot-weiß-roten Flagge kombiniert. Bei der Präsentation des Kandidaten war auch Ursula Stenzel anwesend, die lange Zeit als FPÖ-Kandidatin favorisiert wurde, dann aber doch für Hofer Platz machte.
Am 14. 3. 2016 wurde die erste Plakatwelle von FPÖ-Kandidat Norbert Hofer präsentiert. Wie schon beim Plakat zu seiner Kandidatur wurde in der ersten Plakatwelle vor allem das nationale Gefühl angesprochen. Mit dem Slogan „Deine Heimat braucht dich jetzt“ und dem Zusatz „Aufstehen für Österreich“ wird Hofer als patriotischer Kandidat inszeniert, dem es vor allem um Österreich geht. Der Bundespräsidentschaftswahlkampf wurde ähnlich wie frühere FPÖ-Wahlkämpfe angelegt. Auf allen Wahlplakaten bis zur Wahl steht „Norbert Hofer Bundespräsident“, was zwar für Aufregung gesorgt hat, aber gegen keine Gesetze verstieß.
Hofer bekam im ersten Wahldurchgang mit 35,05 Prozent klar die meisten Stimmen und zog in die Stichwahl ein.
Alexander Van der Bellen
Alexander Van der Bellen trat als unabhängiger Kandidat an, wurde als langjähriger Parteichef der Grünen aber von den Grünen finanziell unterstützt. Zudem sammelte er über Spenden für seinen Wahlkampf Geld.
In seiner ersten Plakatwelle vom 21. März 2016 präsentierte sich Van der Bellen auf vier Plakaten auf zwei Arten: zwei mal staatstragend, mit ernstem Gesicht und im Anzug. Im Hintergrund ein dunkler Gang im Wiener Rathaus, durch hohe Fenster beleuchtet. Auf den beiden anderen Plakaten wird Van der Bellen im privaten Umfeld gezeigt. Das Hemd offen und die Ärmel locker aufgerollt, während er in den Bergen an einem Zaun lehnt und mit einem Hund spielt bzw. lächelt.
Auf allen Plakaten befindet sich Van der Bellens Logo, der Schriftzug „Van der Bellen wählen“. Das Hauptaugenmerk der Plakate liegt aber bei den auffällig gestalteten Slogans, die auf jedem Plakat anders sind. So werden einzelne Worte (Österreich, Heimat, Wir, Mutig), die die Themen des Wahlkampfes ausmachen, groß gezeigt und die ergänzenden Worte kleiner. Dabei werden die Worte rund um van der Bellen angeordnet und es kommt zu perspektivischen Spielereien. So steht er mitten im Begriff „Heimat“ und „Wir“ und wird zum Mittelpunkt dieser Begriffe.
Überraschend waren Van der Bellens teils patriotische Sujets, mit denen er Themen für sich beanspruchte, die traditionell der FPÖ zugeschrieben werden. Er zog – von Beginn an als Favorit gehandelt – mit 21,34 Prozent als Zweitplatzierter in die Stichwahl ein.
Im zweiten Teil der Reihe über die Präsidentschaftswahl 2016 beschäftigen wir uns mit der Stichwahl und einem nicht enden wollenden Duell zwischen Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer.