Verfassungsministerin Karoline Edtstadler kündigt die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und das Streben nach mehr Transparenz in der Verwaltung medial wirksam an. Wie es die Regierung selbst mit Transparenz hält, zeigt eine Politikmagazin.at-Recherche.
In vielen Medien des Landes war am 4. Juni über ein Treffen von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler mit ExpertInnen zum Thema Transparenz zu lesen. “Edtstadler treibt das Ende des Amtsgeheimnisses voran”, schreibt der “Standard, “Edtstadler will das Amtsgeheimnis abschaffen”, die Krone. Die “Tiroler Tageszeitung” schreibt dazu: “Edtstadler leitet Aus für Amtsgeheimnis ein”. Aus Sicht der Ministerin war die Kommunikation wohl ein Erfolg. Schon vor dem Treffen kündigte das Ministerium von Edtstadler einen Gesetzesentwurf an, am Tag nach der Pressekonferenz bringt der “Kurier” ein Kurzinterview. Edtstadler darin: “Wir wollen das Vertrauen der bürger in den Staat stärken”. In vier Tagen hat sie sich damit dreimal als Ministerin positionieren können, die mehr Transparenz bringen will.
Was die einzelnen MinisterInnen über Transparenz sagen ist das eine, wie ihre Ministerien Transparenz leben das andere. Ende Jänner hat Politikmagzin.at begonnen die Ministerien nach den MitarbeiterInnen in den Kabinetten zu fragen. Es sollte eine schnelle Recherche werden. Die MinisterInnen kommunizierten zu dem Zeitpunkt schon über Projekte und eine parlamentarische Anfragebeantwortung zeigt, dass im Jänner schon Teamklausuren einiger Kabinette durchgeführt wurden. Die Teams standen also großteils schon. Die Daten im öffentlich zugänglichen “Personen- und Organisationsverzeichnis der österreichischen Bundesverwaltung” waren zum damaligen Zeitpunkt nur teilweise aktuell und widersprechen auch heute noch Aussagen einzelner Ministerien.
Das Ziel war eine Übersicht der Kabinette, deren MitarbeiterInnen und die jeweiligen Themengebiete. Kabinette sind die engsten MitarbeiterInnen und treiben die politische Agenda von MinisterInnen voran, es ist also wichtig zu wissen, wer sich um welche Themen kümmert. Nur soviel vorweg: Die Ministerien sehen das mehrheitlich anders.
Die Ministerien im Bundeskanzleramt: Lieber nichts öffentlich
Sebastian Kurz sprach sich schon 2013, als er noch Staatssekretär für Integration war, für ein Ende des Amtsgeheimnisses und einen “gläsernen Staat” ein. Zu diesem Zeitpunkt war Lisa Wieser schon die persönliche Assistentin von Kurz. Heute ist sie Büroleiterin des Bundeskanzlers. Welchen Stellenwert der gläserne Staat im Bundeskanzleramt hat, macht Wieser am Telefon klar: Auf die Frage, wofür die KabinettsmitarbeiterInnen zuständig sind, sagt sie wörtlich: “Ich glaube nicht, dass es gewünscht ist, solche Informationen hinauszugeben.” Auch Kurz’ Pressesprecher Johannes Frischmann ignoriert eine Mail und Anrufe von Politikmagazin.at.
Das dem Bundeskanzleramt unterstellte Ministerium für EU, Verfassung gibt Informationen auch nicht gerne heraus. Das Ministerium von Edtstadler, die sich in der Pressekonferenz vom 4. Juni für volle Transparenz ausspricht, sagt telefonisch zwar zu die Tätigkeitsbereiche der MitarbeiterInnen offenzulegen, nur um es später nicht zu tun. Eine Folgemail bleibt unbeantwortet, im Telefonat sagt eine Kabinettsmitarbeiterin, dass sie die Mail geschickt habe. Weitere Mails und Anrufe bleiben daraufhin unbeantwortet.
Auch im Bundesministerium für Frauen und Integration ist es ähnlich. Zuerst werden die Informationen zugesagt, dann vertröstet und dann nicht mehr geantwortet. Eine Anfrage nach dem Auskunftspflichtgesetz beantwortet das Bundeskanzleramt dann doch kurz vor Ende der gesetzlichen Frist. Die Listen der drei Ministerien stimmen aber nicht mit denen des Personen- und Organisationsverzeichnisses überein und tun dies zwei Monate später immer noch nicht. Das betrifft nicht nur das Sekretariat, von 19 MitarbeiterInnen im Kabinett Kurz (laut öffentlich abrufbaren Verzeichnis) nennt das Ministerium nach Auskunftspflichtgesetz nur 14 Namen. Hinweise auf die die Diskrepanzen blieben unbeantwortet.
Das Innen- & Verteidigungsministerium: Wider besseren Wissens
Das Innen- und Verteidigungsministerium haben eine Besonderheit, denn sie werden im Personen- und Organisationsverzeichnis gar nicht geführt. Auch auf ihren Webseiten gibt es keine Informationen zu den Kabinetten. Das Verteidigungsministerium wollte die Anfrage zunächst nicht beantworten und berief sich auf den Datenschutz. Damit unterstellte das Ministerium anderen Ministerien einen Gesetzesbruch, die ihr Kabinett öffentlich bekannt gegeben haben. In einem nächsten Schritt versuchte das Verteidigungsministerium mit dem Nennen von Kabinettsleiter, Generalsekretär und Pressesprecher durchzukommen. Es dauerte sieben Telefonate und drei Mails bis das Verteidigungsministerium überhaupt erst offen legte, dass im Kabinett von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner die Frau des Innenministers arbeitet. Das Skurille: Zum Zeitpunkt der Anfrage war schon öffentlich bekannt, dass Katharina Nehammer im Kabinett der Verteidigungsministerin arbeitet. Trotzdem wies das Verteidigungsministerium die stellvertretende Kabinettschefin gleich zweimal nicht aus.
Besser noch: Die Presseabteilung des BMLV gab Politikmagazin.at den Ratschlag eine Anfrage nach dem Auskunftspflichtgesetz zu stellen, das würde sicherlich funktionieren. Dem Ministerium war scheinbar bewusst, dass es ein Recht auf diese Information gibt, verweigerte sie aber trotzdem. Die Anfrage nach dem Auskunftspflichtgesetz beantwortete das Verteidigungsministerium schlussendlich.
Nicht so das Innenministerium: Nach vielen Telefonaten und nicht gehaltenen Rückrufversprechen beantwortete es auch die Auskunft über die einzelnen Tätigkeitsbereiche nach Auskunftspflichtgesetz nicht. Die Frist zur Beantwortung hat das Ministerium verstreichen lassen.
BMEIA, BMBFW & BMDW: MitarbeiterInnen ja, Themen nein
Die Ministerien von Heinz Faßmann (Bildung), Alexander Schallenberg (Außen) und Margarete Schramböck (Wirtschaft) haben die jeweiligen Kabinette zumindest auf ihrer Webseite veröffentlicht. Die einzelnen Tätigkeitsbereiche sind nicht angegeben und auch auf Nachfrage verweigern die Ministerien die Auskunft.
Restliche Ministerien transparenter
Die restlichen Ministerien führen auf ihren Webseiten transparente Listen der KabinettsmitarbeiterInnen und deren Zuständigkeitsbereiche. Nur das Gesundheitsministerium tut das nicht, legt diese Informationen auf Anfrage allerdings umgehend offen.
Die Recherche zeigt, wie Ministerien selbst einfachste Anfragen verkomplizieren und in die Länge ziehen und sich großteils weigern Informationen im öffentlichen Interesse bekanntzugeben. Ein Widerspruch zur Inszenierung der Bundesregierung und zu den Aussagen von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler. Denn schon jetzt sind Ministerien nicht so transparent, wie es ihnen das Gesetz erlauben würde.