Ein Pressesprecher der Stadt Wien debattiert mit einem Pressesprecher des Bundeskanzleramtes darüber, wie der Bund über Covid-Massentestungen informiert. Zu einem Sicherheitsgefühl bei BeobachterInnen führt das Hin und Her nicht.
Am Wochenende kam es zu einer öffentlich ausgetragenen Diskussion zwischen Rupert Reif, Pressesprecher im Bundeskanzleramt und Mario Dujaković, Sprecher des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker. Dabei ging es wieder einmal um den Informationsfluss zwischen Bund und Stadt Wien. Knackpunkt war die Frage, wann der Bund der Stadt Informationen zu den bevorstehenden Massentests geschickt habe. Und wie aussagekräftig die Informationen waren.
Begonnen hat alles mit einem Tweet des ORF-Wien-Journalisten Patrick Budgen am Samstag. Der machte publik, dass die Stadt Wien bei JournalistInnen nachfragt, welche Informationen sie von der Bundesregierung bekommen hätten, “weil niemand mit ihnen kommuniziert.” Am Nachmittag antwortete der Chefredakteur des Tagesblattes “Heute”, dass es aus den anderen Bundesländern ähnliche Rückmeldung gegeben habe.
Auch noch nie erlebt: Verantwortliche der Stadt Wien fragen bei Journalisten nach, ob sie Medieninfo der Regierung zu Details zu #Massentests haben können, weil niemand mit ihnen kommuniziert. #COVID19
— Patrick Budgen (@PatrickBudgen) November 21, 2020
Wir hören Ähnliches aus anderen Ländern...
— Clemens Oistric (@coistric) November 21, 2020
Hin und Her zwischen Pressesprechern
Vier Stunden später äußerte sich Reif zu Budgens Tweet. Demnach hätten alle Büroleiter der Landeshauptleute die Konzepte freitags bekommen. Die Massentests waren laut dem Pressesprecher auch Thema bei einer Konferenz der Gesundheitslandesräte. Er macht auch den weiteren Fahrplan publik: Am 23. November werden sich Kanzler, Gesundheits-, Verteidigungs, und BildungsministerInnen mit den Landeshauptleuten abstimmen.
Am Montag folgt die operative Abstimmung. Zuerst findet eine Videokonferenz von HBK, Gesundheits-, Verteidigungs- und Bildungsminister und allen LHs statt. Danach mit zuständigen Mitarbeitern. Auch Gemeindebund wird eingebunden.
— Rupert Reif (@rupertreif) November 21, 2020
2/2
Danach begann Philipp Hartig aus dem ÖVP-Parlamentsklub Reifs Antworten unter fast alle Tweets auf Budgens Seite zu posten. In einem anderen Tweet bezeichnet Hartig die Wiener Stadtregierung darüber hinaus als Opposition.
Diese Info ist offenbar unrichtig: pic.twitter.com/3zOECEheh0
— Philipp Hartig (@hartig_philipp) November 21, 2020
Mit den Erklärungen Reifs war wiederum Dujaković aus dem Presseteam des Wiener Gesundheitsstadtrats unzufrieden. In einem längeren Tweet-Thread versucht er die Chronologie der Massentest-Ankündigungen nachzuzeichnen. Das Konzept aus dem Bundeskanzleramt sei demnach nur eine Information für Medien ohne Zitate der zuständigen MinisterInnen. Die ausgeschickten Unterlagen seien inhaltlich wenig konkret.
Vor zwei Tagen, am Donnerstag, gibt es sogar eine halbwegs pompöse Pressekonferenz des Bundes zu den Massentests. Dort wird auch eine entsprechende Medienunterlage verteilt. Zwischenstand: Die Länder wurden immer noch nicht informiert, geschweige denn einbezogen.#CoronavirusAT
— Mario Dujaković (@mariodujakovic) November 21, 2020
Ebenfalls lustig. Das Medienpapier/Konzept besagt zB: "Zur Durchführung dieser Testreihen braucht es eine enge Einbindung der Gemeinden und Länder." - Ich sage es mal freundlich. Ich kenne durchaus Konzepte, die konkreter sind. Das ist mehr eine Absichtserklärung.#CoronavirusAT
— Mario Dujaković (@mariodujakovic) November 21, 2020
Na gut, also haben die Bundesländer den Gesundheitsminister zur Konferenz eingeladen, um detaillierte Infos zu erfragen. Die hat es nicht gegeben. Die Länder wurden auf eine Videokonferenz mit dem BKA am Montag Abend verwiesen. Einbindung bis dahin: Null.#CoronavirusAT #wien
— Mario Dujaković (@mariodujakovic) November 21, 2020
Die Bundesländer wollen eingebunden und in die Planung einbezogen werden. Oder laufen Massentests ohne die Gesundheitsbehörden? Auch das müsste man rasch kommunizieren. Ihr wollt ja in knapp 2 Wochen damit beginnen und man sollte ein weiteres Chaos vermeiden.#CoronavirusAT
— Mario Dujaković (@mariodujakovic) November 21, 2020
Noch eine Bitte, @rupertreif. Nachdem es euer Medienpapier/Konzept ist. Wärst du bitte so freundlich, beides online zu posten & transparent gegenüberzustellen? Immerhin ist es euer Papier und du willst meine Behauptung sicher nicht einfach so stehen lassen. Danke!#CoronavirusAT
— Mario Dujaković (@mariodujakovic) November 21, 2020
Reif seinerseits konzentrierte sich darauf, dass es sehr wohl eine Kommunikation zwischen Bund und Ländern gab. Auf die Kritik der Kommunikationsqualität ging er nicht ein. Auch die Aufforderungen von Dujakovic und anderer UserInnen das ausgeschickte Konzept zu veröffentlichen, ignorierte Reif. Eine Anfrage von Politikmagazin.at hat der Pressesprecher des Bundeskanzleramts unbeantwortet gelassen. Einen Tag später, am Sonntag, postete Reif noch einmal und meinte, dass auch die anderen Länder lügen würden, wenn sie behaupten, nicht informiert worden zu sein.
Lieber @coistric, es ist auch aus anderen Ländern gelogen, wenn man behauptet, man sei nicht informiert.
— Rupert Reif (@rupertreif) November 22, 2020
Vertrauen in Handelnde nicht gestärkt
Dieses Hin und Her zwischen Ländern und Bund führt vor allem zu Verunsicherung. BeobachterInnen auf Twitter sehen, dass es Konflikte gibt und sich Länder nicht ausreichend eingebunden fühlen. Wer den Austausch auf Twitter liest kann schnell den Eindruck bekommen, dass es inmitten einer Pandemie zu einem parteipolitischen Hickhack kommt. In der Außenwirkung wird so der Ruf nach einem gemeinsamen Vorgehen untergraben.
Auch das Instrument der Massentests kann delegitimiert werden, wenn schon im Vorfeld der Eindruck entsteht, dass es hier chaotisch zugeht. Schon während des ersten Lockdowns führten unbedachte Aussagen einzelner Politiker zur Corona-App dazu, dass sich dagegen Widerstand regte.
Medien machen Streiterei bekannter
Montag früh wurde der Streit auch von Medien aufgegriffen. “Es ist völlig ungeklärt, wo sollen die Tests stattfinden. Es ist völlig ungeklärt, wer soll die Tests abnehmen. Es ist vollkommen ungeklärt, welche Dokumentation dazu erfolgt”, sagt der Wiener Gesundheitsstadtrat Hacker auf Ö1. Auch der Salzburger ÖVP-Gesundheitslandesrat Christian Stöckl fordert im selben Beitrag ein Konzept.
Dazu kommt noch eine Presseaussendung des Städtebunds vom 22. November, dessen Präsident der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig ist. Dieser sei von der Bundesregierung noch gar nicht eingebunden worden, obwohl es laut den Medienunterlagen des Bundeskanzleramtes schon Gespräche mit dem Gemeindebund-Präsidenten gab.
Konzept und Medieninformation
Politikmagazin.at liegen das verschickte Konzept und Medieninformation aus dem Bundeskanzleramt vor: Inhaltlich gibt es für die Bundesländer tatsächlich nicht mehr Informationen als für die Medien. Es gibt drei Pilotdurchgänge für PädagogInnen, Polizei und Gemeinden mit hohen Infektionszahlen, bevor der Rest der Bevölkerung getestet wird. Das Bundesheer unterstützt nicht nur, sondern ist für die zentrale Steuerung für die logistische und organisatorische Abwicklung der Tests verantwortlich.
Wie Länder, Gemeinden oder Gesundheitsbehörden eingesetzt werden, wird nicht erwähnt.