Das Parteimedium der Liste Jetzt unter Herausgeber Peter Pilz ist mit dem Standard nicht zufrieden. Das mit öffentlichem Geld finanzierte Onlinemedium startet eine Kampagne gegen die Tageszeitung. Das passiert zwei Tage nach Erscheinen eines kritischen Berichtes über Peter Pilz.
Der Standard berichtet über die Zustände der Liste Pilz und nennt Gründe, weshalb viele MitstreiterInnen nicht noch einmal antreten wollen würden. Einer davon sei der Listengründer Peter Pilz. Im Beitrag wird Pilz durch Aussagen seiner Kollegen als Egomane beschrieben, der im Mittelpunkt stehen wolle – aber auch durch seine Präsenz den Einzug in den Nationalrat erst möglich gemacht habe. Der Standard berichtet weiter, dass Pilz eine Parteistruktur und -adademie etabliert habe, die so mit MitstreiterInnen nicht abgesprochen gewesen sein soll.
Ich halte es übrigens für ein interessantes Phänomen, dass die Jetzt-Anhänger nach den FPÖ-Fans jene Parteianhänger sind, die am offensivsten auf Journalisten losgehen. pic.twitter.com/iLvXmrXRdV
— Fabian Schmid (@fabian_schmid) July 16, 2019
Die Reaktion auf den Artikel war enorm. Kurz nach Veröffentlichung twittert Fabian Schmid, einer der Autoren, über die vielen wütenden Kommentare von scheinbaren Pilz-Unterstützern und Unterstützerinnen. Im Politik-Newsletter des übernächsten Tages nimmt auch Michael Völker zum Artikel Stellung. Über 1.000 Kommentare hat der Artikel bereits. Und Fans von Peter Pilz seien “recht sensibel, was die Berichterstattung” angehe.
Kampagne gegen den Standard mit öffentlichem Geld
Und Peter Pilz? Der designierte Spitzenkandidat der Liste Jetzt äußert sich weder auf Facebook noch Twitter zum Artikel. Dafür tut dies sein Parteimedium. Seit kurzem gibt es die Webseite zackzack.at, die von der Liste Jetzt aus der Parteienförderung finanziert wird. Pilz ist Herausgeber, Thomas Walach Chefredakteur. Walach war davor für die Parteiakademie der Liste tätig, jetzt direkt bei der Partei angestellt.
Einen Tag nach der Standard-Berichterstattung schreibt Walach auf zackzack.at, dass der Standard gegen die eigenen Leser schreibe und überhaupt “fast nur noch aus APA-Meldungen und dem Forum, dem eigentlich interessanten Teil des Standard” bestehe. Deswegen wird, so Walach, das Medium der Liste Jetzt die Aufgabe des Standards übernehmen: “Darum bringt ZackZack.at ab jetzt regelmäßig Artikel, wie sie im guten alten Standard üblich waren: Sauber recherchiert, neutral und auf lachsrosa Hintergrund.” Walach erwähnt den kritischen Bericht im Standard gar nicht, verweist dafür auf das Posting unter dem Artikel.
Kritik an der Aufgabe des Journalismus
Walach kritisiert den Standard gleich auf mehreren Ebenen: Während früher noch „rechtsextreme und verkrustet-konservative Parteien“ die Gegner gewesen seien, schreibe der Standard mittlerweile gegen die SPÖ und Liste Jetzt. Die Kritik des Mitarbeiters einer politischen Partei scheint hier, dass der Standard nicht einseitig genug schreibt, sondern über alle Parteien des politischen Spektrums kritische Artikel veröffentlicht. Artikel, die negativ für FPÖ und ÖVP sind, scheinen in Ordnung, gegen SPÖ und Jetzt sind sie es demnach nicht. Das Parteimedium kritisiert die journalistische Zeitung damit für just genau das, wofür sie da ist: unabhängig zu sein, und ohne Ansehen der Partei kritisch über die Sache zu berichten.
Dies tue die Tageszeitung allerdings, so Walachs These weiter, um den Grünen bei der Wahl zu helfen. Eine kurze Internetrecherche zeigt, dass der Standard auch gegenüber der Grünen kritisch berichte. 2017 schrieb die Zeitung etwa ausführlich über den innerparteilichen Streit mit der Parteijugend, der im Ausschluss der Jugendorganisation resultierte. Auch über das Ende bei den Grünen von Peter Pilz gab es viel kritische Berichterstattung. Dazu gab es einen Kommentar unter dem Titel „Demontage von Peter Pilz: Politisch dumm“. Die Autorin war die damalige Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid, die Walach noch extra lobend hervorhebt. In diesem Fall war die Standard-Kritik an einer linken Partei (zugunsten von Peter Pilz) anscheinend in Ordnung.
Zusätzlich meint der Chefredakteur des Parteimediums, dass der Standard gegen die eigenen LeserInnen schreibe. Auch hier kritisiert Walach etwas, das nicht Aufgabe des Journalismus ist. Zur Einordnung: Es ist nicht die Aufgabe des Journalismus zu schreiben, was die LeserInnen gerne lesen würden. Vielmehr ist es – wie es der Washington-Post-Journalist und Watergate-Aufdecker Carl Bernstein beschreibt – die Aufgabe des Journalismus die beste ihm verfügbare Version der Wahrheit der Geschehnisse zu liefern. Deswegen war das Motto des deutschen Magazins Spiegel seit jeher auch „Sagen, was ist.“
Die Ironie an der Kritik des Parteimediums: Zackzack.at wurde vor knapp über einem Monat ins Leben gerufen. Den Namen hat Peter Pilz vom Ausspruch Heinz-Christian Straches im Ibiza-Videos genommen. Dieser insinuierte darin, dass man bei einer Übernahme der Kronen Zeitung unliebsame JournalistInnen „zack, zack, zack“ entfernt werden sollten. Nun ist es just zackzack.at von Pilz‘ Liste Jetzt, das ein unabhängiges Medium für seine Berichterstattung kritisiert.
Fazit aus dem Blickwinkel politischer Kommunikation: Ein aus öffentlichem Geld finanziertes Parteimedium, attackiert den Journalismus einer unabhängigen Zeitung kurz nach deren kritischer Berichterstattung. Darüber hinaus stellt es sich selbst als Alternative dar, die unvoreingenommen und unabhängig sei – und kündigt den Start einer kleinen Dauerkampagne an.